Ein reicher König hatte eine Tochter, die war über alle Maßen schön. Als der König spürte, daß er alt wurde und bald sterben müsse, ließ er sein Kind vor sich kommen und sprach:
" Liebe Tochter, meine Tage sind gezählt. Wenn ich nun unterm Rasen liege, so wird man Dir anliegen, daß Du Dir einen Gemahl erwählst, und das muß auch sein, denn unser Land ist groß und vier Augen sehen mehr als zwei. Achte aber darauf, daß du den Klügsten und Besten von allen nimmst, und laß dir keinen Pfauen für reinen Adler aufschwatzen."
Die Königstochter weinte und sprach: " Lieber Vater, was redet Ihr doch? Will`s Gott, so sehen wir beide noch viele Male miteinander die Sonne aufgehen."
Aber der König wusste, was er sprach, und ehe das Jahr alt wurde, gab er die Krone von sich, streifte den Purpurmantel ab, schaute noch einmal über sein blühendes Land und tat die müden Augen zu.
Seine Tochter trauerte lange um ihn, doch sie jammerte nicht, tat wacker, was getan werden musste, und hielt die hellen Augen offen.
Es wurde aber so, wie ihr Vater gesagt hatte, tagtäglich kamen Königssöhne, die um die schöne Prinzessin freien wollten, dicke und hagere, ältere und jüngere, hübsche und hässliche, stolze und demütige, und die Königstochter klagte : "Wer die Wahl hat, hat die Qual."
Nun geschah es, daß drei Prinzen um die schöne Königstochter warben, das waren Brüder, alle gleich hoch an Wuchs, und kühn von Angesicht.
Die Königstochter sprach :" Es wird wohl so kommen daß ich einen von Euch zum Manne nehme, damit ich aber an den Rechten gerate, so wünsche ich mir von jedem zweierlei Gaben, erstens ein Geschenk aus feinstem Golde, zweitens ein Stück des herrlichsten Silbers, das er finden kann auf dieser Welt und drittens soll mir ein jeder verraten : Was ist das Beste vom Apfel?
Die drei Brüder schauten einander an, die beiden ältesten schüttelten über das letztere Ansinnen die Köpfe; der Jüngste nickte nur und fragte : "Wann sollen wir wieder vor deinen Thron treten?"
"Wenn Tag und Nacht gleich lang sind und die Äpfel reifen." gebot die Prinzessin. "Es ist gut" sagte der jüngste Königssohn, und während seine Brüder bei der Heimfahrt darüber jammerten, daß die gegebene Zeit gar kurz sei, um etwas recht feines und seltenes auszusuchen, schaute er übers Land und machte ein Gesicht wie einer, der wußte, was er wollte. Zu Hause sattelten die Brüder in aller Hast ihre Rosse und verritten dann in ferne Lande, denn sie meinten, "was daheim wächst, ist nicht weit her".
Wenn aber die Leute den Jüngsten fragten, "Wann gehst du denn auf Reisen um die Gaben auszusuchen? so antwortete er : " Es hat doch wohl noch etwas Zeit."
Da sprachen die Leute :" Er gibt`s auf und überläßt seinen Brüdern den Vorrang und daran tut er gut, denn er ist wirklich noch zu jung und zu dumm."
Die Tage rundeten sich zu Wochen, die Wochen zu Monden und ehe es sich einer versah, war die Zeit herum. Pünktlich zur verlangten Stunde trafen die drei Königssöhne am Hofe der Prinzessin ein.
Dort war viel Volk zusammengeströmt, um die Gaben der Königssöhne zu sehen. Der älteste Bruder breitete einen goldenen Schmuck vor der Prinzessin aus, der glitzerte und gleißte wie Feuer.
Alle Hofdamen riefen "Ah" und "Oh" und die Oberhofmeisterin urteilte :" Es ist ein herrliches Geschmeide, wert, um den Hals der größten Kaiserin gelegt zu werden."
Die Königstochter nickte und sprach :" das mag wohl sein."
Darauf bat sie den zweiten Bruder, seine Schätze auszulegen. Dieser sprach :"Ich habe dir einen Beutel böhmischer Dukaten mitgebracht, von feinster Prägung, die behalten ihren Wert, solange auf der Welt gehandelt wird. Lege sie in deinen Schatz und verwende sie, wozu du willst."
Da verwunderten sich alle Männer am Hofe, wie vernünftig und praktisch der Jüngling sein Geschenk gewählt habe und und der oberste Minister sprach :" Er hats gefaßt, denn Geld regiert die Welt."
Die Königstochter sprach :" Dagegen ist wenig einzuwenden." Nun sollte der Jüngste zeigen, was er mitgebracht hatte. Dieser schüttete das, was drinnen war, in das Gefäß hinein. Die Leute reckten sich auf ihren Zehenspitzen, um zu sehen, was es wäre.
"Wie?" entsetzten sich Höflinge "nichts weiter als ganz gemeines Korn?" Der Jüngling aber sprach zum Königskind : " Diesen goldgelben Weizen habe ich selber gesät und gemäht, gedrosche und die Körner ausgesucht; Ich traue wohl, daß es das beste Gold auf der Welt ist, dennn schau, es gibt dir gutes Brot, und wer dies alle Tage auf seinem Tische hat, der braucht kein anderes Gold."
"Da hast du recht!" nickte die Prinzessin und befahl, die Gabe wohl zu hüten.
Nun sollten die Prinzen ihre silbernen Angebinde an den Tag bringen. Da enthüllte der Älteste einen Armreif, der war aus schierem Silber gegossen und überaus kunstvoll verziert. Der zweite Bruder ließ eine gewaltige Schale bringen, die war aus einem Stück gehämmert und vier Diener waren nötig, sie zu tragen.
Der dritte Bruder aber bot der Prinzessin eine Strähne feinster, blanker Wolle.
"Ich habe sie selber geschoren, gekratzt und gereinigt," sprach er, "spinne dir daraus etwas Warmes!" Die Prinzessin ließ die silberhelle Strähne durch ihre weißen Finger gleiten und sprach :"Was nützt mir ein Schmuck, wenn mich friert, und was eine leere Schale, wenn mich hungert."
Und sie trug ihren Dienerinnen auf, die Wolle wohl zu verwahren.
"Nun zum letzten!" sprach die Königstochter, zog einen frische Apfel hervor, hielt ihn hoch und fragte :" Was ist das Beste?"
"Die Schale" rief der älteste Bruder aus, "sie leuchtet rot und gelb und wer sie anschaut, muß seine Freude dran haben." Was, Schale!" spottete der zweite Bruder, "die schält man ab und wirft sie fort. Ich meine, das Fleisch ist das Beste, es ist saftig, süß und man hat etwas davon."
"Und was meinst du dazu?" fragte die Königstochter den Jüngsten.
Der zog bedächtig sein Messer, schnitt die Äpfel auf und wies der Königstochter die braunen Kerne darin. "Die sind das Beste" sprach er, "Denn was aus ihnen wird, das wächst für unsere Kinder."
Da wußte die Prinzessin, welcher unter den drei Freiern der rechte Gemahl für sie und der beste König für ihr Land werden würde, und sie hat ihre Wahl nie bereut.